Chancen und Schwierigkeiten 
 Sport heute 
 
    
 
 
  Die Sportstrukturen der DDR wurden nach 1990 konsequent aufgelöst. Aus den Betriebssportgemeinschaften wurden Vereine, die von den z.T. geschlossenen und z.T. ums wirtschaftliche Überleben kämpfenden ehemaligen Trägerbetrieben immer weniger Unterstützung erhielten; 1995 war dieser schmerzhafte Abnabelungsprozeß weitgehend abgeschlossen. Die Beschäftigung mit der neuen Rechtsform "Verein", mit dem kapitalistischen rauhen Wind und der Sponsorenarbeit - all dies mußten nicht nur die BSG-Nachfolgevereine mühsam lernen, sondern auch das Flaggschiff des Karl-Marx-Städter Leistungssports, das nun Chemnitzer Sportclub (CSC) hieß. Dieser Mehrspartenverein scheiterte an Strukturproblemen und Managementfehlern. Den einzelnen Abteilungen des früheren SCK gelang allerdings die Umstellung; sie konnten auch im wesentlichen ihre Spitzenathleten (Lars Riedel) halten, neue hinzugewinnen (z.B. Heike Drechsler, Ilke Wyludda, Susen Tiedke) und durchaus an die DDR-Erfolge anknüpfen.  
     
        
      Die "Erben" des SCK / CSC  
      Leichtathletik-Verein Chemnitz 
      Chemnitzer Athletenclub 
      Kunstturnverein Chemnitz 
      Schwimmclub Chemnitz von 1892 
      Eissportverein Chemnitz  
       
     
Andere Strukturelemente der DDR-Sportförderung überstanden die Unsicherheiten der ersten Nachwendejahre und gewannen mittlerweile wieder neues Gewicht, insbesondere das dreizügige Sportgymnasium (und Internat) mit derzeit etwa 500 Schülern sowie die beiden Kindertagesstätten, die von Kunstturnern bzw. Eisläufern betreut werden. Dank des hohen Leistungsstandes im Spitzensport gelang es auch, einen Olympiastützpunkt, vier Bundesleistungszentren und sechzehn Landesstützpunkte nach Chemnitz zu ziehen. Mit der Weltmeisterschafts-Bronzemedaille im Rückenschwimmen von Stev Theloke und der Silbermedaille bei den Junioren-Weltmeister der 800 m Läuferin Kathleen Friedrich zeigen sich erste Erfolge der neuen Fördermaßnahmen.  

Die neue Leichtathletikhalle 

Zentrales Problem des Sports ist jedoch in Chemnitz wie anderswo die Finanzierung. Dank der letzten Generation der DDR-Sportler war Chemnitz zwar recht erfolgreich im Einwerben von leistungsbezogenen Bundes- und Landesfördermitteln, doch bei einer anderen wesentlichen Finanzquelle, den Sponsorengeldern, ist Chemnitz durch die räumliche Entferung von den Zentralen der großen Wirtschaftskonzerne und auch durch die angespannte Situation der neuen lokalen mittelständischen Wirtschaft sehr stark gegenüber anderen Sportstädten benachteiligt. Die Sportpolitik der Stadtverwaltung kann zwar bei den Investitionen und laufenden Ausgaben im Vergleich mit anderen Großstädten durchaus eine Erfolgsbilanz aufmachen. Doch aus Sicht der finanziell meist schwach ausgestatteten Vereine ist jede Erhöhung des Mietpreises für Sportanlagen ein sehr sensibles Thema.  

Auch bei den Sportstätten ist in den letzten Jahren Erstaunliches geschehen. Einige der vielen Anlagen mit maroder Bausubstanz konnten bereits saniert werden. 1995 wurde der Eissportkomplex technisch grundlegend erneuert und eine vorbildliche Leichtathletik-Mehrzweckhalle im Sportforum eingeweiht. Zu diesen beiden Großprojekten hätte noch eine wirkliche Spitzenleistung des Sportstättenbaus hinzukommen sollen, nämlich das von Prof. Kulka für die Leichtathletik-Europameisterschaft 2002 entworfene Stadion. Dieser international vielfach preisgekrönte Entwurf konnte allerdings nicht realisiert werden, da der Freistaat Sachsen nicht bereit war, die Chemnitzer Bewerbung für diese Europa-Meisterschaft finanziell zu unterstützen.  

Prof. Kulkas Stadion-Modell  für die Leichtathletik-EM 

Bei der Sportbekleidung und den Sportgeräten hat die Wende eine rasante Veränderung gebracht: In kürzester Zeit war das riesige Angebot des Weltmarktes auch in Chemnitz verfügbar. Immerhin hat es der führende Karl-Marx-Städter Produzent von Sportartikeln (VEB Sportgerätewerke) geschafft, sich auch unter neuen wirtschaftlichen Verhältnissen zu etablieren (Sachsensport).  

Verändert hat sich auch das Spektrum der Sportarten. Daß die nicht wenigen Medaillen bei Europameisterschaften, Weltmeisterschaften und Olympiaden in den letzten Jahren in den Paradedisziplinen des ehemaligen Sportclubs Karl-Marx-Stadt errungen wurden (Leichtathletik, Radsport, Gewichtheben und Eiskunstlaufen), überrascht nicht. Aber schon in der nächsten Gruppe, den auf nationaler Ebene erfolgreichen Chemnitzer Sportarten, tauchen neben Boxen, Schwimmen und Turnen, auch Triathlon und sogar der erst nach 1990 in Chemnitz neu belebte Basketball auf. Besonders erfreulich sind auch die großen Erfolge der Behindertensportler, wie der blinden Kurzstreckenläuferin Daniela Salzmann und der Schwimmerin Maria Götze. Eine ähnliche Ausweitung ist auch bei den Vereinsaktivitäten im Breitensport zu beobachten: Einige der in der DDR unpopulären Sportarten wie z. B. Tennis oder American Football haben in den ersten Jahren nach der Wende eine erstaunliche Dynamik entfaltet.  

Die derzeit 147 Chemnitzer Sportvereine haben 8 Jahre nach der Wende mit rund 30.000 Mitgliedern einen guten Organisationsgrad. Aber sie haben keinen leichten Stand, denn auf der einen Seite entsteht Konkurrenz durch kommerzielle Angebote (z. B. Fitneßstudios) und durch die Kommerzialisierung des Sports insgesamt. Auf der anderen Seite entwickelt sich bei der jungen Generation eine neue, nicht vereinsgebundene Sportszene, z. B. Streetball, Skating, Trickbike. Die Sportpolitik der Stadt Chemnitz fördert daher in einem großen Projekt der Sportsozialarbeit etwa 2.000 Kinder und Jugendliche in "sozialen Brennpunkten". An mittlerweile 5 Standorten finden sie Angebote für solche Disziplinen, die gerade "in" sind, aber auch Krafträume oder Billiardtische.  
 

 
 
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